Wenn ein Erbfall eintritt, stehen Erben nicht nur vor emotionalen Herausforderungen – sondern auch vor steuerlichen Fragen. Spätestens wenn Immobilien, größere Geldsummen oder Unternehmensanteile übertragen werden, kommt ein Thema mit voller Wucht auf den Tisch: Wie lässt sich die Erbschaftsteuer berechnen?

Wer hier nicht vorbereitet ist, riskiert, hohe Summen an den Fiskus abzuführen – oder sogar Vermögen verkaufen zu müssen, um die Steuer zu bezahlen. Besonders gefährlich: Immobilien, die in der Familie bleiben sollen, aber aufgrund fehlender Gestaltungsmaßnahmen steuerlich zum Stolperstein werden.

Dieser Artikel bietet fundierte Antworten – strategisch, aktuell und praxisnah. Der Beitrag bietet fundierten Einblick in:

  • die wichtigsten Freibeträge nach Steuerklasse und Verwandtschaftsgrad,
  • Beispiele zur Berechnung der Erbschaftsteuer,
  • Sonderregeln für Immobilien, Nießbrauch und Versorgungsfreibeträge,
  • sowie typische Fallstricke und Gestaltungsoptionen, die bares Geld sparen können.

Unser Ziel ist es, Orientierung schaffen – und zeigen, welche Gestaltungsspielräume bereits zu Lebzeiten bestehen, um Vermögen steuerlich sinnvoll weiterzugeben.

📌 Hinweis: Diese Information dient der allgemeinen Orientierung und stellt keine Rechtsberatung oder Steuerberatung dar. Für konkrete Fragen empfiehlt sich die Konsultation eines Notars, Fachanwalts oder einer Notarin oder Fachanwältin für Erbrecht oder entsprechende Berater für steuerliche Themen.

Was ist die Erbschaftsteuer – und wann fällt sie an?

Wer Vermögen erbt, wird nicht nur juristisch, sondern auch steuerlich betrachtet. Die Erbschaftsteuer sorgt dafür, dass Vermögensübergänge im Todesfall grundsätzlich steuerpflichtig sind – zumindest, wenn sie bestimmte Freibeträge überschreiten. Entscheidend ist dabei: Besteuert wird nicht der Nachlass als Ganzes, sondern der individuelle Erwerb einer Person durch Erbschaft.

Die Erbschaftsteuer kann erhebliche Summen betreffen, besonders bei Immobilien, Betriebsvermögen oder Kapitalanlagen. Umso wichtiger ist es, zu wissen, wann die Steuer greift, was sie umfasst – und wie sie sich rechtlich gestalten lässt.


Wann entsteht Erbschaftsteuerpflicht?

Die Steuerpflicht beginnt mit dem Tod des Erblassers (§ 9 ErbStG). Ab diesem Zeitpunkt wird der Vermögensübergang auf die Erben wirksam – ob durch gesetzliche Erbfolge, Testament oder Vermächtnis. Auch Pflichtteilsansprüche oder bestimmte Ausgleichszahlungen an enterbte Angehörige können steuerlich relevant sein.

Was häufig übersehen wird: Auch Schenkungen zu Lebzeiten, die innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Tod erfolgt sind, können nachträglich als erbschaftsteuerpflichtig gelten – dieser sogenannte Pflichtteilsergänzungsanspruch (geregelt in § 2325 BGB) wird weiter unten ausführlich erläutert.


Welche Vermögenswerte unterliegen der Erbschaftsteuer?

Steuerlich relevant ist nahezu jedes Vermögen, das von Todes wegen übertragen wird – gleich ob beweglich, unbeweglich oder finanzieller Natur. Der steuerpflichtige Erwerb umfasst beispielsweise:

  • Geldvermögen (auch Auslandskonten, Barreserven)
  • Wertpapiere und Beteiligungen
  • Immobilien (vermietete oder selbst genutzte Häuser und Wohnungen)
  • Hausrat, Schmuck, Kunstwerke, Sammlungen
  • Lebensversicherungen mit Bezugsrecht für Erben
  • Unternehmensanteile (auch bei Familien-GmbHs)
  • Schenkungen der letzten 10 Jahre, die dem Erben zuzurechnen sind
Was ist mit dem Begriff „Familienheim“ gemeint?

Das sogenannte Familienheim ist die selbst bewohnte Immobilie des Erblassers – etwa das Einfamilienhaus oder die Eigentumswohnung. Wird es an den Ehepartner oder ein Kind vererbt und dort auch weiterhin selbst bewohnt, kann der Erwerb unter bestimmten Bedingungen vollständig steuerfrei bleiben (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c/d ErbStG). Wichtig ist: Die Nutzung als Hauptwohnsitz muss mindestens zehn Jahre bestehen bleiben. Andernfalls kann die Steuerbefreiung rückwirkend entfallen.


Wann wird keine Erbschaftsteuer fällig?

In mehreren Fällen ist ein Erwerb von Todes wegen nicht steuerpflichtig – entweder durch Befreiungsvorschriften oder weil der steuerpflichtige Betrag unterhalb der Freibeträge bleibt:

  • Erwerb bleibt unter dem Freibetrag (z. B. 500.000 € für Ehegatten)
  • Übertragung des Familienheims bei Selbstnutzung (siehe oben)
  • Erbe durch gemeinnützige Organisationen oder Stiftungen
  • Ausschlagung des Erbes (juristisch wird der Erwerb als nicht erfolgt gewertet)
Missverständnis: Steuerpflicht trotz Erbausschlagung?

Ein häufiger Irrtum: Wer ein Erbe ausschlägt, bleibt steuerpflichtig. Das ist nicht korrekt.
Nur wer tatsächlich erbt, wird auch steuerlich betrachtet. Wird das Erbe innerhalb der gesetzlichen Frist (sechs Wochen) wirksam ausgeschlagen, entfällt sowohl das Erbrecht als auch die Steuerpflicht. Das Erbrecht geht dann auf die nächste Person in der Erbfolge über – und diese Person wird vom Finanzamt zur Erbschaftsteuer herangezogen.


Muss jeder den Erwerb dem Finanzamt melden?

Ja – sobald ein Vermögensübergang durch Erbfall eintritt, besteht eine Anzeigepflicht gegenüber dem zuständigen Finanzamt (§ 30 ErbStG). Die Frist beträgt drei Monate ab Kenntnis des Erwerbs.

In der Praxis übernehmen Banken, Notare oder Gerichte häufig die Meldung – dies entbindet jedoch nicht von der Pflicht, den Erwerb selbst zu deklarieren. Vor allem bei stillen Reserven (z. B. Beteiligungen) oder Auslandsvermögen kann das Finanzamt eigene Nachforschungen anstellen.

Fazit: Klarheit über Steuerpflicht ist der erste Schritt zur Gestaltung

Ob Immobilien, Unternehmensanteile oder größere Vermögen – die Erbschaftsteuer ist eine reale Belastung. Wer unvorbereitet erbt, kann in die Situation geraten, Substanz verkaufen zu müssen, nur um die Steuerlast begleichen zu können.

Ein klarer Überblick über die steuerpflichtigen Vermögensarten, mögliche Befreiungen und Anzeigepflichten legt die Grundlage für jede vorausschauende Nachlassplanung. Die folgenden Kapitel zeigen auf, wie sich steuerliche Freibeträge optimal nutzen lassen, welche Steuersätze gelten – und wo sich rechtzeitig gestalten lässt.

Steuerklassen und Steuersätze – Wer zahlt wie viel?

Sobald der steuerpflichtige Teil einer Erbschaft den persönlichen Freibetrag übersteigt, greift das Erbschaftsteuerrecht. Doch nicht jeder zahlt gleich viel: Die Höhe der Erbschaftsteuer hängt sowohl vom Verwandtschaftsgrad als auch vom Wert der Zuwendung ab. Diese beiden Faktoren werden über sogenannte Steuerklassen und Steuersätze geregelt.

Für Vermögende, die größere Nachlässe weitergeben möchten, bedeutet das: Wer planen und gestalten will, muss wissen, welcher Steuersatz ab wann greift – und wo sich Spielräume ergeben.


Wie viele Steuerklassen gibt es – und was bedeuten sie?

Im Erbschaftsteuerrecht werden Erwerber in drei Steuerklassen eingeteilt. Diese Einteilung hat nichts mit der Einkommensteuerklasse zu tun, sondern dient ausschließlich der steuerlichen Bewertung von Erbschaften und Schenkungen.

Wer also etwa als langjähriger Partner oder guter Freund erbt, wird steuerlich wie eine entfernte Bekanntschaft behandelt – mit allen Nachteilen in Freibetrag und Steuersatz.


Steuersätze nach Steuerklasse – Wie viel muss gezahlt werden?

Die Steuersätze sind progressiv gestaffelt – das bedeutet: Je höher der steuerpflichtige Erwerb, desto mehr Prozent müssen abgeführt werden.

Beispielhafte Steuerlast in Zahlen

Ein Kind erbt 700.000 € von einem Elternteil.
Freibetrag: 400.000 €
Steuerpflichtiger Betrag: 300.000 €
→ Steuersatz (Kl. I): 11 %
→ Erbschaftsteuer: 33.000 €

Ein Lebensgefährte erbt dieselbe Summe.
Freibetrag: 20.000 €
Steuerpflichtiger Betrag: 680.000 €
→ Steuersatz (Kl. III): 30 % (für diesen Wertbereich)
→ Erbschaftsteuer: 204.000 €

Der Unterschied zeigt deutlich: Gleicher Erwerb, aber über sechsmal mehr Steuer.


Gestaltungsspielräume kennen – und nutzen

Je nach Konstellation kann eine clevere Steuerplanung den Unterschied zwischen einem soliden Vermögensübergang und einer finanziellen Belastung bedeuten. Wer größere Vermögenswerte – etwa Immobilien, Unternehmensanteile oder Kunstsammlungen – übertragen möchte, sollte folgende Gestaltungsinstrumente prüfen:

  • Frühzeitige Schenkungen (z. B. alle zehn Jahre)
  • Nießbrauchmodelle zur Reduzierung der steuerlichen Bemessungsgrundlage
  • Übertragung auf mehrere Personen (z. B. Kind + Enkel)
  • Testamentsgestaltung mit Teilungsanordnungen oder Vermächtnissen
Fazit: Nicht nur was vererbt wird, zählt – sondern auch an wen

Die Kombination aus Steuerklasse und Steuersatz bestimmt, wie viel vom Nachlass tatsächlich beim Erben ankommt. Gerade bei größeren Vermögenswerten kann Unwissenheit zu enormen Steuerfolgen führen.

Mit einer durchdachten Nachfolgeplanung lässt sich nicht nur Substanz schützen, sondern auch das erreichen, was vielen wichtig ist: die finanzielle Sicherheit der nächsten Generation – ohne Streit, ohne Zwangsverkäufe.

Erbschaftsteuer-Freibeträge 2025 im Überblick

Wer eine Erbschaft erhält, muss sie dem Finanzamt melden – das bedeutet jedoch nicht automatisch eine Steuerzahlung. Denn bevor überhaupt über eine Steuerpflicht entschieden wird, prüft das Finanzamt, ob die Erbschaft innerhalb des persönlichen Freibetrags liegt. Dieser richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser und fällt je nach Familiennähe unterschiedlich hoch aus.

Gerade in vermögenden Familien ist es sinnvoll, diese Freibeträge gezielt auszuschöpfen und vorausschauend zu planen – beispielsweise durch vorweggenommene Erbfolge oder steuerfreie Schenkungen alle zehn Jahre.


Freibeträge nach Steuerklasse – wie viel bleibt steuerfrei?

Das Erbschaftsteuerrecht unterscheidet zwischen drei Steuerklassen – sie definieren, wie hoch der Freibetrag ausfällt und welcher Steuersatz im Falle einer Steuerpflicht anzuwenden ist. Dabei bedeutet „Steuerklasse“ nicht Einkommensteuerklasse, sondern ausschließlich eine Zuordnung im Erbschaftsteuerrecht.

 Wichtig: Der Freibetrag gilt immer pro Person und pro Erbfall. Bei mehreren Kindern steht jedem Einzelnen der volle Betrag von 400.000 € zu.


Wie oft kann ein Freibetrag genutzt werden?

Bei Erbschaften ist der Freibetrag einmalig pro Erbfall nutzbar.
Bei Schenkungen zu Lebzeiten hingegen lässt sich der identische Freibetrag alle zehn Jahre erneut ausschöpfen. Diese sogenannte 10-Jahres-Regel (§ 14 ErbStG) ermöglicht es, über die Jahre hinweg erhebliche Vermögenswerte steuerfrei zu übertragen – eine Option, die gerade bei Immobilienbesitz oder Unternehmensanteilen in Betracht gezogen werden sollte.


Warum Patchwork-Familien oft benachteiligt sind

In Patchwork-Konstellationen kann es steuerlich zu unangenehmen Überraschungen kommen. Zwar gelten Stiefkinder als begünstigte Personen der Steuerklasse I (mit 400.000 € Freibetrag) – allerdings nur, wenn sie adoptiert wurden. Nicht adoptierte Stiefkinder fallen unter Steuerklasse III – mit einem Freibetrag von lediglich 20.000 €.

Das gleiche gilt für langjährige Lebensgefährten, mit denen keine Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft besteht: Auch hier greift die ungünstigste Steuerklasse III.

Gestaltungsoptionen: In bestimmten Fällen kann eine Adoption im Erwachsenenalter steuerlich von Vorteil sein. Auch zeitlich gestaffelte Schenkungen oder Nießbrauchskonstruktionen können helfen, die Steuerlast zu senken.


Praxisfall: Zwei Kinder, ein Haus – reicht der Freibetrag?

Ein Elternteil hinterlässt ein schuldenfreies Einfamilienhaus im Wert von 800.000 €. Erben sind zwei Kinder zu gleichen Teilen.

  • Jedes Kind erhält rechnerisch Vermögen im Wert von 400.000 €
  • Freibetrag pro Kind: ebenfalls 400.000 €
  • Folge: keine Erbschaftsteuer

Wäre der Immobilienwert jedoch bei 1.200.000 €, übersteigt der Erwerb pro Kind den Freibetrag um 200.000 €. In diesem Fall wird auf die Differenz Erbschaftsteuer fällig – je nach Steuersatz der Steuerklasse I (beginnend bei 7 %).


Unverheiratete Paare und die Erbschaftsteuer: Wenn das gemeinsame Haus zur Steuerfalle wird

Viele Menschen leben heute in langfristigen Partnerschaften – ohne Trauschein. Was im Alltag problemlos funktioniert, kann im Erbfall zu massiven finanziellen Belastungen führen. Denn das Erbschaftsteuerrecht unterscheidet nicht nach emotionaler Nähe, sondern nach formaler Verwandtschaft. Unverheiratete Partner fallen daher in die ungünstigste Steuerklasse III – mit niedrigen Freibeträgen und hohen Steuersätzen.

Gerade bei gemeinsamem Immobilienbesitz kann dies dramatische Folgen haben.


Beispiel: Zwei Partner, ein Haus – nicht verheiratet

Ein Paar lebt seit 25 Jahren gemeinsam in einem Haus, das beiden zu gleichen Teilen gehört. Der Immobilienwert liegt bei 500.000 €. Nach dem Tod eines Partners erbt der andere die Hälfte – also 250.000 €.

Da keine Ehe oder eingetragene Lebenspartnerschaft besteht, greift:

  • Steuerklasse III
  • Freibetrag: nur 20.000 €
  • Steuersatz auf den Rest: 30 %

➡️ Steuerpflichtiger Erwerb:
250.000 € – 20.000 € = 230.000 €

➡️ Erbschaftsteuer:
230.000 € × 30 % = 69.000 €


Was bedeutet das in der Praxis?

Die Immobilie ist zwar bezahlt – aber die Erbschaftsteuer muss in bar entrichtet werden. Ohne Rücklagen oder andere liquide Mittel bleibt oft nur die Möglichkeit, den Miteigentumsanteil zu verkaufen oder zu beleihen. Das gemeinsame Zuhause wird so schnell zur finanziellen Belastung.


Gestaltungsmöglichkeiten im Voraus
  • Heirat oder Eintragung einer Lebenspartnerschaft:
    Hebt den Freibetrag auf 500.000 € an – die Steuer entfällt in vielen Fällen komplett.
  • Schenkungen mit Nießbrauch zu Lebzeiten:
    Frühzeitige Übertragungen, kombiniert mit einem Nießbrauchsrecht für den Übergebenden, reduzieren die Steuerlast erheblich – vor allem, wenn die 10-Jahres-Frist berücksichtigt wird.
  • Teilübertragungen im Abstand von zehn Jahren:
    Die Freibeträge können alle zehn Jahre neu genutzt werden (§ 14 ErbStG). Das eröffnet Gestaltungsspielräume – auch ohne sofortige Vollübertragung.

Dieser Fall verdeutlicht, wie stark die Erbschaftsteuer nicht nur vom Vermögen, sondern von der Lebensform abhängt.
Was im Alltag gleichwertig erscheint, kann steuerlich völlig unterschiedlich behandelt werden. Deshalb ist eine frühzeitige, professionelle Nachfolgeplanung unverzichtbar – gerade bei unverheirateten Paaren mit gemeinsamen Immobilien.


Was, wenn der Freibetrag nicht reicht?

Wer eine Erbschaft erhält, deren Wert den Freibetrag übersteigt, zahlt nur auf den übersteigenden Betrag Erbschaftsteuer – nicht auf das gesamte Vermögen. Die Höhe richtet sich nach dem Verwandtschaftsgrad und der Gesamthöhe des Erwerbs. Die genauen Sätze werden im nächsten Abschnitt beleuchtet.

Trotzdem: Wenn Immobilien, Beteiligungen oder Barvermögen einen hohen Wert aufweisen, ist eine rechtzeitige Planung entscheidend. Nur so lassen sich Vermögensverluste durch unnötige Steuerzahlungen vermeiden.

Fazit: Freibeträge nutzen heißt Vermögen sichern

Die Freibeträge im Erbschaftsteuerrecht bieten bedeutende Spielräume – aber sie wirken nur, wenn sie aktiv genutzt werden. In der Nachlassplanung gilt daher:
Wer frühzeitig handelt, kann mehrfach profitieren – sowohl durch Schenkungen zu Lebzeiten als auch durch klare Nachfolgeregelungen.

Gerade bei größeren Vermögen, Immobilien oder Unternehmen zählt nicht nur die Höhe des Nachlasses, sondern auch der Zeitpunkt und die Struktur der Übergabe. Die folgenden Kapitel zeigen, welche Steuerklassen gelten – und wie sich aus Freibeträgen echte Steuervorteile entwickeln lassen.

Erbschaftsteuer bei Immobilien – Besonderheiten, Freibeträge & Risiken

Der größte Teil des Vermögens in Deutschland steckt in Immobilien – und genau hier greift die Erbschaftsteuer besonders tief. Anders als bei Bargeld oder Wertpapieren wird bei Grundstücken und Häusern nicht nur der Verkehrswert relevant, sondern auch Nutzung, familiäre Bindung und steuerrechtliche Sonderregeln.

Die gute Nachricht: Für das sogenannte Familienheim gelten besondere Steuerbefreiungen – allerdings nur unter engen Voraussetzungen. Wer nicht aufpasst, riskiert hohe Steuerzahlungen oder gar einen steuerlichen Rückfall.


Was zählt als Immobilienerbe – und wie wird bewertet?

Zur Kategorie „Immobilienerbe“ gehören alle unbeweglichen Vermögenswerte:

  • Einfamilienhäuser & Eigentumswohnungen (selbst genutzt oder vermietet)
  • Mehrfamilienhäuser
  • Baugrundstücke
  • Geschäftsimmobilien
  • Auslandsimmobilien

Bewertet wird in der Regel der sogenannte Verkehrswert zum Todeszeitpunkt, ermittelt nach dem Bewertungsgesetz (BewG). Bei vermieteten Objekten oder Sondernutzungsrechten (z. B. Nießbrauch) gelten ggf. Abschläge. Die Bewertung übernimmt das Finanzamt auf Grundlage standardisierter Verfahren – oder anhand eines Gutachtens.


Was ist das „Familienheim“ – und wann bleibt es steuerfrei?

Das Familienheim ist die vom Erblasser selbst genutzte Wohnimmobilie, die an Ehepartner oder Kinder vererbt wird.
Wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, bleibt der Erwerb vollständig steuerfrei (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG) – und das unabhängig vom Immobilienwert.

Voraussetzungen für die Steuerfreiheit:
  • Der Erblasser hat die Immobilie bis zum Tod selbst bewohnt
  • Die Immobilie wird vom Ehegatten oder Kind unmittelbar übernommen
  • Der Erbe nutzt das Haus eigennützig und dauerhaft als Hauptwohnsitz
  • Die Selbstnutzung erfolgt über mindestens zehn Jahre

Wird vor Ablauf dieser Frist ausgezogen (z. B. wegen Verkauf oder Vermietung), fällt die Steuer rückwirkend an. Ausnahmen gelten nur bei zwingenden Gründen (z. B. Pflegebedürftigkeit).

📌 Achtung: Begrenzung bei Kindern – 200 m² Wohnfläche

Bei der Steuerbefreiung für Kinder gilt eine Einschränkung:
Nur bis zu 200 m² Wohnfläche bleibt die Immobilie steuerfrei.
Liegt die Immobilie darüber, ist der Mehrwert anteilig steuerpflichtig.


Beispiel: Haus an Kind – Steuerfrei oder nicht?

Ein Vater hinterlässt seinem Sohn ein selbst bewohntes Haus mit 180 m² Wohnfläche, Verkehrswert: 700.000 €.

  • Sohn zieht ein und nutzt es zehn Jahre selbst
  • vollständig steuerfrei (unterhalb der 200-m²-Grenze)

Anders bei 280 m² Wohnfläche:

  • 200 m² steuerfrei
  • 80 m² anteilig steuerpflichtig → je nach Verkehrswert und Steuerklasse

Sonderfall: Vermietete Immobilien oder Zweitwohnsitze

Für vermietete Immobilien oder Zweitwohnsitze gilt keine Steuerbefreiung. Hier greift das normale Erbschaftsteuerrecht mit Freibeträgen je nach Steuerklasse.

Dennoch gibt es bewertungsseitige Abschläge, etwa bei langfristig vermieteten Objekten oder durch Nießbrauchsrechte. Auch der Wert kann durch ein Verkehrswertgutachten realitätsnäher – und oft günstiger – angesetzt werden als in den standardisierten Bewertungsverfahren des Finanzamts.


Risiken bei Immobilienerbschaften – und was man vermeiden sollte

Gerade bei Immobilien können folgende Fehler teuer werden:

  • Keine Regelung zur Nutzung oder Selbstnutzung → Verlust der Steuerbefreiung
  • Immobilien in Erbengemeinschaften ohne klare Vereinbarung → Blockaden, Zwangsverkäufe
  • Kein Nießbrauch oder Wohnrecht geregelt → steuerlich ungünstig
  • Keine Bewertung → Finanzamt setzt zu hohen Verkehrswert an

Fazit: Immobilien vererben erfordert Fingerspitzengefühl

Immobilien zählen zu den wertvollsten Nachlasswerten – und zu den kompliziertesten im Steuerrecht. Wer hier nicht vorausschauend gestaltet, riskiert unerwartete Steuerzahlungen, Streit in der Familie oder Zwangsverkäufe.

Mit einer klaren Regelung – etwa zur Selbstnutzung, Nießbrauch, Teilübertragung oder Testamentsvollstreckung – lässt sich nicht nur Steuern sparen, sondern auch Sicherheit schaffen. Für die Generation, die folgt.

Erbschaftssteuer berechnen: So funktioniert die Praxis

Die korrekte Berechnung der Erbschaftsteuer ist kein Ratespiel, sondern folgt festen steuerrechtlichen Regeln. Und dennoch kann sie in der Praxis komplex sein – insbesondere bei größeren Nachlässen, Immobilien oder wenn mehrere Erben beteiligt sind.

Dieses Kapitel liefert eine verständliche Übersicht über die Systematik, erläutert die Berechnung Schritt für Schritt und zeigt anhand konkreter Beispiele, wie sich die Erbschaftsteuer aus dem Zusammenspiel von Freibetrag, Steuerklasse und Vermögensart ergibt.


1. Wie wird die Erbschaftsteuer grundsätzlich berechnet?

Die Formel zur Berechnung lautet vereinfacht:

Erbschaft – Freibetrag = steuerpflichtiger Erwerb
Steuerpflichtiger Erwerb × Steuersatz (gemäß Steuerklasse) = Erbschaftsteuer

Dabei kommt es auf drei zentrale Faktoren an:

  1. Wert des Erbes (Verkehrswerte, nicht Buchwerte)

  2. Verwandtschaftsverhältnis (Steuerklasse I, II oder III)

  3. Gültiger Freibetrag und Steuersatz


2. Welche Vermögenswerte werden berücksichtigt?

Das Finanzamt zieht alle Aktiva (Vermögen) heran:

  • Immobilien
  • Bankguthaben, Wertpapiere
  • Unternehmensanteile
  • Wertgegenstände, Sammlungen, Schmuck, Fahrzeuge

Davon abgezogen werden die Passiva, also:

  • Schulden des Erblassers
  • Beerdigungskosten (pauschal 10.300 €, wenn keine Nachweise)
  • Vermächtnisse und Auflagen

👉 Ergebnis: Der Reinnachlass – die Basis der Steuerberechnung.


3. Rechenbeispiel: Kind erbt ein Haus und ein Depot

Fall: Ein Kind erbt vom Vater ein Haus im Wert von 500.000 € und ein Depot mit Aktien im Wert von 200.000 €. Beerdigungskosten wurden mit 10.000 € nachgewiesen. Keine Schulden.

  • Gesamtwert des Nachlasses: 700.000 €
  • Abzug Beerdigungskosten: 10.000 €
  • Reinnachlass: 690.000 €
  • Freibetrag (Kind, Steuerklasse I): 400.000 €
  • steuerpflichtiger Erwerb: 290.000 €
  • Steuersatz: 11 % (Klasse I, bis 300.000 €)
  • Erbschaftsteuer: 31.900 €

→ Fazit: Trotz hoher Freibeträge muss bei Immobilien & Wertpapiervermögen mit Steuerzahlungen gerechnet werden.


4. Rechenbeispiel: Schwester erbt 100.000 €

Fall: Eine Frau vererbt 100.000 € Barvermögen an ihre Schwester. Keine weiteren Erben, keine Schulden.

  • Freibetrag (Schwester, Steuerklasse II): 20.000 €
  • Steuerpflichtiger Erwerb: 80.000 €
  • Steuersatz (Klasse II, bis 300.000 €): 20 %
  • Erbschaftsteuer: 16.000 €

→ Fazit: Wer nicht zur Steuerklasse I gehört, hat mit deutlich niedrigeren Freibeträgen und höheren Steuersätzen zu rechnen.


5. Rechenbeispiel: Immobilienerbe mit Nießbrauch

Fall: Ein Sohn erhält zu Lebzeiten das Haus der Mutter (Wert: 800.000 €), sie behält sich ein Nießbrauchsrecht bis zum Tod vor. Beim Tod ist der Sohn bereits als Eigentümer eingetragen. Das Nießbrauchsrecht hatte einen kapitalisierten Wert von 200.000 €.

  • Bewerteter Erwerb bei der Erbschaft: 0 €
  • Aber: Pflichtteilsergänzungsanspruch kann relevant werden, wenn z. B. andere Kinder existieren.

→ Hinweis: Nießbrauch reduziert nicht nur den steuerpflichtigen Erwerb, sondern kann auch Pflichtteilsansprüche beeinflussen. Wichtig für Patchwork-Familien und bei Schenkungen unter Vorbehalt.


6. Gestaltungsmöglichkeiten zur Steueroptimierung
  • Freibeträge strategisch nutzen: durch Schenkungen alle zehn Jahre
  • Nießbrauchsrecht einsetzen: zur Wertminderung und Nutzungssicherung
  • Mehrere Erben berücksichtigen: Aufteilung über mehrere Personen = mehr Freibeträge
  • Unternehmensvermögen planen: Verschonungsregelungen nach §§ 13a, 13b ErbStG beachten
Fazit: Wer weiß, wie Erbschaftsteuer berechnet wird, kann steuern – im wahrsten Sinne

Die Berechnung der Erbschaftsteuer ist komplex, aber planbar. Wer die Systematik versteht, erkennt Spielräume: Wann ist eine Schenkung günstiger? Wie wirkt sich Nießbrauch aus? Welche Freibeträge können mehrfach genutzt werden?

Gerade bei größeren Vermögen hilft eine fundierte Nachfolgeplanung dabei, Familienvermögen zu sichern – und gleichzeitig steuerliche Belastungen zu minimieren.

Pflichtteil und Erbschaftsteuer – eine gefährliche Kombination?

Oft wird der Pflichtteil als bloßes „emotionales Streitthema“ innerhalb der Familie betrachtet. Doch was viele unterschätzen: Pflichtteilsansprüche können erhebliche steuerliche Folgen nach sich ziehen.

Denn auch wenn der Pflichtteil nicht im Testament auftaucht, sondern gesetzlich erzwungen wird – steuerlich wird er wie jede andere Erbschaft behandelt. Die Kombination aus gesetzlichem Zwangsanspruch und Erbschaftsteuerpflicht birgt damit gleich mehrere Fallstricke.

Vor allem dann, wenn Immobilien, Betriebsvermögen oder umfangreiche Schenkungen im Spiel sind.


1. Pflichtteil: Was gilt steuerlich?

Der Pflichtteil ist ein gesetzlicher Zahlungsanspruch in Geld. Wer als naher Angehöriger enterbt wird, kann vom Erben eine Auszahlung verlangen – in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 BGB).

Ob dieser Anspruch tatsächlich im Testament genannt wird, ist irrelevant – steuerlich zählt nur, ob er erfüllt wird.

▶️ Wichtig:
Erbschaftsteuer fällt erst an, wenn der Pflichtteil auch tatsächlich gezahlt wird.
Die reine Möglichkeit oder ein theoretischer Anspruch löst noch keine Steuerpflicht aus.


2. Beispiel: Pflichtteil wird geltend gemacht

Ein Sohn wird im Testament vollständig enterbt. Laut gesetzlicher Erbfolge hätte er 50 % geerbt – also 500.000 € vom 1-Millionen-Nachlass. Sein Pflichtteil beträgt damit 250.000 €.

Er macht den Anspruch gegenüber seiner Schwester (Alleinerbin) geltend – und erhält nach einem Jahr die Auszahlung.

Steuerlich relevant:

  • Der Sohn muss Erbschaftsteuer auf die 250.000 € zahlen.
  • Freibetrag für Kinder (400.000 €) greift aber – daher keine Steuer in diesem Fall.

3. Die Tücke bei Schenkungen: Pflichtteilsergänzungsanspruch

Wurde zu Lebzeiten ein Großteil des Vermögens verschenkt – z. B. das Haus oder Wertpapiere an ein anderes Kind oder den neuen Partner –, steht Pflichtteilsberechtigten oft mehr zu als auf den ersten Blick ersichtlich.

Denn das Gesetz schützt Pflichtteilsberechtigte durch den sogenannten:

Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB

Was heißt das konkret?
Schenkungen innerhalb der letzten zehn Jahre werden anteilig dem Nachlass wieder zugerechnet – so, als wären sie noch vorhanden.

  • Bei Schenkungen an Ehegatten beginnt die Frist erst mit dem Tod des Erblassers.
  • Der Anspruch besteht auch dann, wenn die Schenkung „offiziell“ nicht mehr dem Vermögen gehörte.
4. Beispiel: Pflichtteil + Schenkung = Steuerfalle

Ein Vater schenkt seinem Sohn fünf Jahre vor seinem Tod eine vermietete Immobilie im Wert von 800.000 €.

Im Testament setzt er ausschließlich seine neue Ehefrau als Alleinerbin ein. Die Tochter – aus erster Ehe – wird enterbt. Zum Todeszeitpunkt besteht das verbleibende Vermögen des Vaters nur noch aus einem kleinen Bankguthaben in Höhe von 100.000 €.

Auf den ersten Blick scheint die Tochter leer auszugehen. Doch das Pflichtteilsrecht greift – und zwar über die sogenannte:

Pflichtteilsergänzung (§ 2325 BGB)

Diese sorgt dafür, dass auch Schenkungen der letzten zehn Jahre fiktiv zum Nachlass hinzugerechnet werden – damit Pflichtteilsberechtigte nicht systematisch „leer ausgehen“.

Schrittweise erklärt:

  1. Fiktiver Nachlass = tatsächliches Vermögen + anteiliger Schenkungswert
  • Tatsächlicher Nachlass = 100.000 €
  • Schenkung vor 5 Jahren → gemäß Abschmelzmodell zählen noch 50 % des Werts = 400.000 €
  • ➝ Fiktiver Nachlass: 500.000 €
  1. Pflichtteilsquote der Tochter (1 Kind, keine gesetzliche Erbquote):
  • Gesetzlicher Erbteil = 50 %
  • Pflichtteil = die Hälfte davon = 25 %
  1. Pflichtteilsergänzungsanspruch:
  • 25 % von 500.000 € = 125.000 €

Die Tochter kann nun von der Alleinerbin (Ehefrau) diesen Betrag als Pflichtteilsergänzung einfordern. Der Anspruch ist unabhängig davon, dass die Schenkung an den Bruder ging – das Gesetz sieht den Wert als rechnerisch wieder „zurückgeholt“.

Steuerliche Folge

Sobald die Tochter ihren Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend macht und dieser ausgezahlt wird, entsteht eine steuerliche Verpflichtung: Es handelt sich steuerlich gesehen um eine nachträgliche Erbschaft.

Auch wenn der Pflichtteil ursprünglich nicht im Testament vorgesehen war, behandelt das Erbschaftsteuerrecht die Zahlung wie jede andere Erbschaft – mit allen Konsequenzen. In unserem Beispiel bekommt die Tochter 125.000 Euro. Als Kind hat sie jedoch einen Freibetrag von 400.000 Euro. Sie muss keine Erbschaftsteuer zahlen, ist aber verpflichtet, den Erwerb dem Finanzamt gegenüber anzuzeigen.

➡️ Wird der Anspruch also realisiert, folgt daraus eine ganz normale steuerliche Behandlung – inklusive Pflicht zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung.

Das Risiko in diesem Fall

Was auf den ersten Blick nur nach einem klassischen Pflichtteilsfall aussieht, entwickelt bei genauerer Betrachtung ein erhebliches Konfliktpotenzial – vor allem auf der steuerlichen Ebene.

Denn die Alleinerbin – in diesem Fall die Ehefrau – ist verpflichtet, den Pflichtteil zu zahlen, obwohl sie selbst nicht annähernd über entsprechende Mittel verfügt. Das Familienvermögen liegt in der Vergangenheit – bei jemand anderem. Doch das Steuerrecht fragt nicht nach Fairness, sondern nach dem, wer als Erbe im Rechtssinne gilt.

Die Gefahr: Die Erbin muss im schlimmsten Fall ihren gesamten Anteil verkaufen, um den Pflichtteilsanspruch zu erfüllen – plus die Steuer, sofern keine Freibeträge greifen. Währenddessen bleibt der beschenkte Sohn steuerlich außen vor.

➡️ Pflichtteilsergänzungsansprüche können so zu einer doppelten Belastung führen: Auf der einen Seite durch die Auszahlungspflicht, auf der anderen Seite durch die damit ausgelöste Steuer.


Warum dieser Fall explosiv ist:
  • Die Tochter kann ihren Pflichtteilsergänzungsanspruch nicht beim Sohn geltend machen, obwohl dieser profitiert hat
  • Die Alleinerbin trägt die Last – obwohl sie vielleicht nur einen kleinen Teil geerbt hat
  • Eine steuerfreie Schenkung wird nachträglich zur Belastung für andere
  • Ein emotionaler Konflikt ist fast programmiert – rechtlich, steuerlich und familiär
Fazit aus diesem Beispiel:

Dieses Szenario zeigt, wie sich steuerlich und rechtlich gut gemeinte Gestaltungen gegen andere Familienmitglieder richten können, obwohl sie von den Entscheidungen gar nicht betroffen waren. Es offenbart zudem, wie eng Pflichtteilsrecht und Erbschaftsteuer miteinander verflochten sind – mit zum Teil unerwarteten Konsequenzen.

Das Pflichtteilsrecht schützt enterbte Kinder – das Steuerrecht interessiert sich dabei nur für Zahlen, nicht für Gerechtigkeit. Wer hier nicht vorausschauend plant, riskiert, dass Streit, finanzielle Notlagen oder sogar Zwangsverkäufe auf den Nachlass folgen.

Sonderregelungen und Gestaltungsmöglichkeiten: Wie sich mit kluger Planung Erbschaftsteuer sparen lässt

Nicht jede Erbschaft ist steuerlich gleich – und nicht jede Zahlung an das Finanzamt ist zwangsläufig nötig. Das Erbschaftsteuerrecht bietet einige Gestaltungsspielräume, die gezielt genutzt werden können, um Steuerlast zu reduzieren, Freibeträge optimal auszuschöpfen und den Übergang von Vermögen rechtssicher zu gestalten.

Gerade bei größeren Vermögen, Immobilien oder bei familiären Sonderkonstellationen wie Patchwork, Vorerbschaften oder Generationenwechsel lohnt sich ein tiefer Blick in die Sonderregelungen. Doch Achtung: Die meisten Vorteile greifen nur, wenn sie rechtzeitig geplant werden – also nicht erst beim Todesfall, sondern oft bereits zu Lebzeiten.


Versorgungsfreibetrag für Ehegatten und Kinder

Neben den allgemeinen Freibeträgen sieht das Erbschaftsteuerrecht besondere Versorgungsfreibeträge vor – als Ausgleich für den Verlust von Unterhaltsansprüchen oder Versorgungsleistungen.

Wichtig: Der Versorgungsfreibetrag gilt zusätzlich zum normalen Erbschaftsteuer-Freibetrag – kann also erhebliche Steuerersparnis bringen.

Höhe des Versorgungsfreibetrags (§ 17 ErbStG)

Der Betrag reduziert sich um eigene Versorgungsbezüge, z. B. Rentenansprüche oder Lebensversicherungen.

Beispiel:
Ein Witwer hinterlässt seiner 25-jährigen Tochter 100.000 Euro. Sie erhält zusätzlich einen Versorgungsfreibetrag von 10.300 Euro. Mit dem Kinderfreibetrag von 400.000 Euro ist die gesamte Erbschaft steuerfrei – obwohl sie rechnerisch 110.300 Euro bekommt.

Schenkung zu Lebzeiten – Steuer sparen mit Strategie

Schenken wird oft als einfache Methode gesehen, um Steuerlast zu vermeiden. Tatsächlich bietet das Steuerrecht viele Vorteile für Schenkungen zu Lebzeiten – insbesondere durch die Möglichkeit, Freibeträge alle 10 Jahre neu zu nutzen (§ 14 ErbStG).

Vorteile von Schenkungen:
  • Freibeträge mehrfach nutzbar (alle 10 Jahre erneut)
  • Flexiblere Gestaltung als beim Erbfall
  • Teilweise steuerfreie Nutzung von Immobilien (z. B. Wohnrecht, Nießbrauch)
  • Absicherung über Rückforderungsrechte oder Auflagen möglich
Aber: Nicht zu viel verschenken!
  • Geschenktes Vermögen ist weg – keine Rückforderung ohne Notarvereinbarung
  • Sozialamt kann Rückforderungen verlangen, wenn Schenker später hilfebedürftig wird
  • Pflichtteilsergänzungsansprüche bestehen bis 10 Jahre nach der Schenkung weiter

Tipp: Wer strategisch schenken möchte, sollte zuerst klären, wie viel Vermögen er selbst noch benötigt, wie der eigene Lebensstandard aussieht – und ob Schenkungen wirklich zur Familie passen.


Vorerbe und Nacherbe – was ist steuerlich zu beachten?

Das deutsche Erbrecht erlaubt die Anordnung von Vorerbschaft und Nacherbschaft (§§ 2100 ff. BGB). Dabei wird das Erbe zeitlich gestaffelt:

  • Der Vorerbe darf Vermögen nutzen, aber nicht vollständig verfügen.
  • Der Nacherbe tritt zu einem späteren Zeitpunkt in die Erbfolge ein (z. B. nach dem Tod des Vorerben).
Steuerlich betrachtet:
  • Beide Erbfälle werden getrennt besteuert
  • Es fallen zwei Erbschaftsteuerfälle an:
    1. Beim Tod des ursprünglichen Erblassers → Vorerbe
    2. Beim „Wechsel“ → Nacherbe
Wichtig für die Planung:
  • Der Nacherbe profitiert nicht vom Freibetrag des Vorerben, sondern hat eigenen Freibetrag
  • Vermögen kann durch zweifache Steuerbelastung geschmälert werden
  • Besonders bei Immobilien sollte geprüft werden, ob Nacherbschaft sinnvoll oder steuerlich nachteilig ist

Praxisbeispiel: Erbschaft einer Immobilie mit Nießbrauchsvorbehalt

Die Erbschaft einer Immobilie bringt nicht nur hohe Vermögenswerte mit sich – sie wirft auch viele steuerliche, rechtliche und praktische Fragen auf. Komplizierter wird es, wenn der Erblasser sich zu Lebzeiten bestimmte Rechte vorbehalten hat, etwa das Nießbrauchsrecht. In diesem Fall ist die Immobilie zwar formal bereits übertragen, aber nicht uneingeschränkt nutzbar. Für die Erbschaftsteuer hat das erhebliche Auswirkungen.


Verkehrswert, Steuerlast und Freibeträge in der Anwendung

Bei der Vererbung einer Immobilie ist der sogenannte Verkehrswert maßgeblich – also der Marktwert, zu dem die Immobilie im offenen Verkauf erzielbar wäre. Doch wenn ein Nießbrauch eingetragen ist, wird dieser Wert steuerlich reduziert.

Beispiel:

Ein Vater überträgt seinem Sohn zu Lebzeiten ein Einfamilienhaus im Wert von 600.000 Euro, behält sich jedoch den lebenslangen Nießbrauch vor (also das Recht, dort weiter zu wohnen oder Mieteinnahmen zu erzielen). Der Nießbrauch hat nach Bewertungstabellen des Finanzamts z. B. einen Wert von 200.000 Euro.

Steuerlich zählt für die Schenkung (oder spätere Erbschaft) dann nur der verbleibende Wert von 400.000 Euro.
Dieser liegt innerhalb des Freibetrags für Kinder (ebenfalls 400.000 Euro), sodass keine Steuer anfällt.

Wichtig: Der Wert des Nießbrauchs richtet sich nach dem Alter der berechtigten Person, dem Jahreswert der Nutzung und dem Kapitalisierungsfaktor laut Bewertungsgesetz (BewG).


Auswirkungen auf Pflichtteil & Steuer

Was viele übersehen: Auch wenn der Nießbrauch den steuerlichen Wert senkt, wird die volle Immobilie im Pflichtteilsrecht anders behandelt. Wer enterbt wurde, aber pflichtteilsberechtigt ist, kann Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen – und dabei wird der volle Immobilienwert betrachtet, nicht der reduzierte.

Außerdem wichtig:

  • Stirbt der Nießbraucher, erlischt das Recht – der neue Eigentümer kann die Immobilie sofort nutzen oder verkaufen
  • Der Wegfall des Nießbrauchs kann steuerlich einen nachgelagerten Vorteil bedeuten, der in bestimmten Konstellationen relevant wird (z. B. bei nachträglicher Schenkung der Nutzung)

Tipps zur rechtssicheren Gestaltung

Ein Nießbrauch kann steuerlich sinnvoll sein – aber nur, wenn er professionell geplant wird. Fehler in der Formulierung oder fehlende vertragliche Klarheit können zu nachträglichen Steuerforderungen oder Streitigkeiten führen.

Worauf zu achten ist:

  • Nießbrauch sollte notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen werden
  • Es sollte eindeutig geregelt sein, ob es sich um einen entgeltlichen oder unentgeltlichen Nießbrauch handelt
  • Der Nießbrauch sollte mit dem Schenkungsvertrag abgestimmt sein – insbesondere in Hinblick auf Rückforderungsrechte
  • Bei mehreren Kindern: Teilungsanordnungen und Pflichtteilsregelungen frühzeitig mitbedenken

Im Rahmen der Nachfolgeplanung kann der Nießbrauch ein starkes Instrument sein – aber nie eine einfache Lösung von der Stange.

Wie hoch ist der Freibetrag bei der Erbschaftsteuer?

Die Höhe des Freibetrags hängt vom Verwandtschaftsverhältnis ab:

  • Ehepartner: 500.000 Euro
  • Kinder: 400.000 Euro
  • Enkel: 200.000 Euro
  • Geschwister, Nichten, Neffen, Freunde: 20.000 Euro

Diese Freibeträge gelten pro Erbfall und pro Erblasser.

Sobald der Wert des geerbten Vermögens den persönlichen Freibetrag übersteigt, fällt Erbschaftsteuer an. Zuständig ist das Finanzamt des Erblassers. Eine Erbschaft muss innerhalb von drei Monaten beim Finanzamt angezeigt werden.

Ja, geerbte Immobilien sind steuerpflichtig. Es gibt jedoch Ausnahmen:

  • Familienheim bei Selbstnutzung bleibt unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei
  • Nießbrauchsrechte senken den steuerlichen Wert

Achtung: Der tatsächliche Verkehrswert entscheidet, nicht der Einheitswert.

Der Freibetrag gilt pro Person und pro Erbfall. Wird Vermögen zu Lebzeiten übertragen (Schenkung), kann der Freibetrag alle zehn Jahre erneut genutzt werden – besonders interessant bei großer Vermögensmasse.

Ja – der Pflichtteil gilt als steuerpflichtiger Erwerb. Wird er ausgezahlt, entsteht eine Erbschaftsteuerpflicht, auch wenn der Pflichtteil gegen den Willen des Erben eingefordert wurde.

Ja – durch:

  • Schenkungen zu Lebzeiten
  • Nießbrauchsrechte
  • Testamentsgestaltung
  • Versorgungsfreibeträge
  • Pflichtteilsverzicht (in Kombination mit Nachfolgeplanung)

Tipp: Die Gestaltung muss vor dem Erbfall erfolgen, nachträgliche Korrekturen sind nur selten möglich.

Vor allem bei:

  • Unverheirateten Paaren (Freibetrag nur 20.000 Euro)
  • Immobilien ohne Liquidität (Zwangsverkäufe drohen)
  • Nicht abgestimmten Schenkungen
  • Enterbungen mit Pflichtteilsauszahlung
Fazit: Erbschaftsteuer klug planen und gestalten

Erben ist nicht nur eine emotionale Angelegenheit – es ist auch eine steuerliche Herausforderung. Wer glaubt, dass der Fiskus bei einer Erbschaft automatisch großzügig bleibt, irrt: Besonders bei Immobilien, größeren Barvermögen oder unverheirateten Paaren kann die Erbschaftsteuer schnell zu einer erheblichen Belastung werden.

Doch das Steuerrecht bietet zugleich zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten, um die eigene Familie zu entlasten, Konflikte zu vermeiden und das Vermögen sinnvoll zu sichern.

Wer frühzeitig plant, spart nicht nur Steuern, sondern bewahrt auch familiären Frieden.

Ob durch:

  • die clevere Nutzung von Freibeträgen alle 10 Jahre,
  • die Übertragung mit Nießbrauchsrecht,
  • oder eine abgestimmte Testaments- und Nachfolgeplanung

eine strategische Auseinandersetzung mit der eigenen Vermögensstruktur zahlt sich aus. Nicht alles lässt sich „mal eben“ regeln. Aber vieles lässt sich gestalten, bevor es zu spät ist.


Aber: Schenken will gelernt sein

Gerade beim Thema Schenkung zu Lebzeiten ist Vorsicht geboten. Zwar lässt sich damit unter Umständen viel Erbschaftsteuer sparen – doch es gibt auch viele Fälle, in denen sich Menschen buchstäblich „arm geschenkt“ haben. Geld und Eigentum wechseln den Besitzer – oft unumkehrbar. Was bleibt, ist die Abhängigkeit von gutem Willen.

Fragen, die im Voraus gestellt werden sollten:

  • Reicht mein eigenes Vermögen auch im Alter?
  • Wie sichere ich mich gegen Pflegekosten, Inflation oder familiäre Veränderungen ab?
  • Was passiert, wenn sich die Beziehung zum Beschenkten verändert?
  • Was, wenn ich selbst Hilfe brauche und das Amt prüft, ob Rückforderungen möglich sind?

Wer schenkt, sollte dies nicht allein aus steuerlicher Motivation tun – sondern im Rahmen eines ganzheitlichen Plans, der auch das eigene Leben absichert.

🎯 Tiefergehende Informationen dazu finden sich im nächsten Beitrag unserer Serie: „Vorsicht beim Verschenken: Wann man sich finanziell ruinieren kann“
(Was bei Schenkungen zu Lebzeiten bedacht werden muss – und welche Alternativen es gibt.)